Vor allem, wenn Sie im Fokus stehen ohne tatsächlich aktiv werden zu können, stellt sich die Frage: „Wohin mit meinen Händen?“ Diese Frage ist vielleicht die mir am häufigsten gestellte Frage.
Unkontrollierte Hände zeigen Unsicherheit sehr deutlich. Nicht nur, weil man unter Stress zu Übersprungshandlungen neigt. Unkontrollierte Hände kratzen of im wahrsten Wortsinn an unserer Glaubwürdigkeit. Wann ist es am schwierigsten?
- Sie sind auf oder neben der Bühne und hören jemandem anderen zu
- Sie warten darauf, dass Ihr Auftrittsapplaus abebbt
- Sie werden fotografiert
Was Sie mit Ihren Händen machen sollten
Am einfachsten kann man die Frage „Wohin mit den Händen?“ mit „Dahin, wo man sie gut sieht“ beantworten. Lassen Sie Ihre Hände ruhen, wenn Sie nicht sprechen. Dabei gibt es drei Optionen.
Lassen Sie Ihre Hände und Arme herunterhängen
Hände und Arme, die einfach nur entspannt und locker neben dem Körper hängen, signalisieren Entspannung und Ruhe. Sie wirken souverän. Im Rhetorik-Bootcamp üben wir diese und andere Details. Damit Sie die Ausstrahlung haben, die Sie verdienen.
Wichtig ist es, dabei sehr aufrecht zu stehen. Sie dürfen nicht schlaff und abwesend wirken. Achten Sie darauf, Ihre Schultern zu entspannen. Die Arme sollten nicht an den Körper gedrückt werden. Die Hände sollten nicht am Oberschenkel kleben und ebenfalls komplett entspannt sein.
Halten Sie Ihren Kopf gerade. Nehmen Sie Blickkontakt mit dem Publikum auf. Wenn gerade jemand anders im MIttelpunkt steht, dann schauen sie einfach ihn an.
Die Hände nicht einzusetzen, ist nicht leicht. Aber, es ist das Richtige.
Moderatorenhaltung
Ihre zweite Altenative: Sie können Ihre Hände ineinander legen. Etwa auf Höhe des Bauchnabels. Das ist die sogenannte Moderatorenhaltung. Schwierig dabei ist es, im Anschluss nichts zu tun. Denn diese Haltung verselbständigt sich oft: Die Hände verkampfen oder rutschten tiefer. Viele beginnen auch sich selbst zu streicheln oder an ihren Ringen zu drehen.
Verschränken Sie die Hände ineinander. Um das zu erreichen, strecken Sie Ihre Arme nach vor, Handkanten nach unten. Legen Sie nun Ihre aktive Hand im 90 Grad Winkel in die andere. Danach greifen Sie mit den Fingerspitzen um die „passive“ Hand und ziehen Sie die Hände an den Bauch. Damit bekommen Sie ein Gefühl dafür, wie sich die Haltung anfühlen soll. Diese Haltung richtet Sie automatisch auf.
Sie können auch mit der einen Hand eine Faust fomen und die andere darum legen. Bitte verschränken Sie die Finger nicht ineinander. Das sieht sonst schnell aus, als ob Sie beten.
So zu stehen kann beteiligter wirken als die Arme hängen zu lassen. Alle Haltungen müssen aber vorher ausgiebig geübt werden, damit es natürlich wirkt. Achten Sie darauf, die Finger ruhig zu halten.
Vorsicht: Wenn Sie gern mehr gestikulieren würden, dann nutzen Sie diese Haltungen bitte nicht. Es ist oft schwer, die Hände voneinander zu lösen.
Wie mit ausdruckstarken Gesten Ihre Rede unterstützen können, lesen Sie in einem weiteren Artikel. Dort finden Sie auch entsprechende Übungen zur Verbesserung Ihrer Gestik.
Die Hände ablegen
Solange Ihre Hände sichtbar bleiben, können Sie die Hände auch an oder auf etwas ablegen. Bitte achten Sie dabei aber darauf, dass Sie sich nicht auf die Hand oder die Hände stützen. Ihr komplettes Gewicht bleibt auf Ihren Füßen. Sie legen wirklich nur die eine oder zwei Hände auf ein Treppengeländer oder auf einem Redepult ab.
Nimm doch einfach etwas in die Hand
Gern wird empfohlen, etwas in die Hand zu nehmen, wenn man nicht weiß, wohin mit den Händen. Das soll die Nervosität ableiten. Man sähe sicherer aus. Ich halte davon gar nichts. Eine typische Krückentechnik. Ausdruckstarke Gesten werden mit der ganze Hand gemacht. Da stört alles, was Sie festhalten. Außerdem können die Dinge, die Sie halten, runterfallen. Auf Holzboden macht das entsetzlichen Lärm. Ein Stift, der plötzlich bei einer heftigen Geste Ihre Hand verlässt, kann richtig Schaden anrichten.
Was Sie nicht mit Ihren Händen machen sollten
Richten Sie weder Ihre Kleidung noch Ihre Haare. Kratzen Sie sich nicht. Putzgesten wie diese sollten Sie immer unterdrücken. Sie werden automatisch als Zeichen von Unsicherheit interpretiert.
Verstecken Sie keinesfalls Ihre Hände. Weder in den Hosentaschen noch hinter dem Rücken oder in Ihren Taschen. Denn Glaubwürdigkeit entsteht durch Sichtbarkeit, nicht durch Verstecken. Ihre Hände müssen immer zu sehen sein. Wer das anders macht, macht es falsch!
Vermeiden Sie unbedingt die Freistoßhaltung, bei der Ihre Hände Ihre Genitalien schützen.
Auch Profis machen es falsch
Nicht einmal Könner wissen immer wohin mit den Händen. In Video unten müssen Bill Clinton und All Gore auf der Bühne eine kurze Einführung abwarten. Betrachten Sie einfach 0:20 – 1:30. Die Hände der beiden sind wirklich fast überall. In den Taschen, im Gesicht, an der Hosennaht. Wenn Sie nicht ins Publikum winken, keine Glanzleistung. Bei 0:53 können Sie im direkten Vergleich sehen, wie souverän die locker hängenden Hände Al Gores wirken. Bill Clintons gefaltete Schuljungenhände dagegen… Danach – mit einer Hand in der Tasche – wirkt Al Gore als hätte man ihm diese Hand amputiert.
Geben Sie sich etwas Zeit, bis Sie es aushalten „einfach“ nur ruhig zu stehen und nichts mit den Händen zu tun. Die Hände gelassen ruhig zu halten ist eine Kunst. Eine Kunst, die zu erlernen sich auszahlt. Denn dann wissen Sie immer wohin mit den Händen.
Die Merkel-Raute
Angela Merkel wurde lange Jahre hindurch für Ihre Raute verlacht. Das änderte sich erst, als sie zur mächtigsten Frau der Welt aufstieg. Inzwischen eifern ihr viele Menschen nach. Selbst Putin und Trump werden regelmäßig bei der Merkelraute ertappt. Aber nur weil Angela Merkel mächtig ist und sich die Menschen daran gewöhnt haben, wird die Raute nicht zu einer guten Strategie.
Die Merkel-Raute ist extrem auffällig. Sie lädt dadurch zu Interpretationen ein.
Für Angela Merkel hatte die Raute drei Vorteile: Die Hände werden sehr ruhig gehalten. Sie führt zu einer sehr aufrechten Haltung. Die Präzision führt zu Konzentration. Sie können das leicht nachvollziehen, wenn Sie die (Original-) Raute selbst nachbilden.
Übung zur Merkel-Raute
Bitte stellen Sie sich aufrecht hin. Nehmen Sie die Hände bis knapp über dem Bauchnabel hoch. Legen Sie die Fingespitzen der Finger beider Hände absolut exakt aufeinander. Genauso hat Frau Merkel Ihre Raute früher gebildet.
Lassen Sie etwas Druck zu und spüren Sie in sich hinein. Wahrscheinlich werden Sie sich sicher, konzentriert und zentriert – ganz bei sich – fühlen. Sie werden außerdem aufrechter stehen. Das sind die positiven Wirkungen, die eine solche Handhaltung haben kann. Leider werden Gesprächspartner Sie eher als unzugänglich wahrnehmen.
Nun verschieben Sie Ihre Finger bitte leicht. Die Fingerspitzen sollen nicht mehr präzise aufeinanderliegen. Spüren Sie bitte wieder in sich hinein. Ich glaube, Sie werden mir recht geben. Diese Form der Merkel-Raute macht nicht sicher, sondern trägt zur eigenen Unruhe bei.
Achtung: Meist werden wir nachlässig bei angelernten Handhaltungen. Dann verselbständigen Sie sich. Danach wirken sie sämtlich ungünstig. Darum lohnt es sich zu lernen, wie man aufrecht mit locker hängenden Armen steht.
2 Antworten zu “Wohin mit den Händen?”
Hallo Friederike, gefällt mir! Lehrreich. Deine Rhetorik-Leidenschaft und Dein Wissen ist spürbar. Kann mir nicht verkneifen, 2 Tippfehler zu korrigieren. Einmal schreibst Du Mittelunkt und einmal unzugünglich. Wenn mir sowas auffällt ist das nicht besserwisserisch gemeint, sondern kollegial. Brauchst Du natürlich nicht veröffentlichen. Lieben Gruß Susanne
Liebe Susanne, ich freue mich sehr, dass Dir der Inhalt gefällt! Da ich beim Schreiben etwas legasthen bin, freue ich mich, dass Du die Fehler gefunden hast. Ich bin eher erstaunt, dass das die Rechtschreibprüfung nicht gefunden hat. Lieben Gruß Friederike